Donnerstag, 3. Juni 2010
Rede zum Richtfest 2. Juni 2010
Liebe Anwesenden! Das Richtfest, mit dem die Fertigstellung des Rohbaus gefeiert wird, ist der Tag der Bauleute. Deshalb begrüße ich zuallererst die anwesenden Bauleute. Ich werde sie später noch einmal namentlich nennen. Weiterhin begrüße ich die früheren Eigentümer, die uns netterweise weiterhin begleiten, die Bauherrinnen und Bauherren, die erschienenen Grundstücksnachbarn sowie alle übrigen Gäste.

Einst war es Brauch, dass der Bauherr beim Richtfest den letzten Nagel in den letzten Dachsparren einschlug. Das klingt einfacher als es war, denn der letzte Dachsparren wurde versteckt, und bevor man sich auf die Suche machte, handelten die Zimmerleute mit dem Bauherrn diejenige Menge Bier aus, die er spendieren musste, damit der gesuchte Balken herbeigeschafft wurde. War man sich handelseinig, fand sich der Dachsparren sehr rasch. Der Bauherr wurde dann rittlings auf den Sparren gesetzt und von den Burschen dreimal um den Neubau getragen.
Heute scheitert die Aktion schon daran, dass es keine Dachsparren auf unserem Bau mehr gibt – ein Glück auch für die Zimmerleute, denn das Herumtragen von fünf Bauherrinnen und einem Bauherrn wäre schon eine arge Last – und wohl auch kein pures Vergnügen für die Herumgetragenen. – Genügend Bier gibt es hoffentlich sowieso. – Die wenigen Zimmerleute auf dem Bau sind heute nicht mehr für die Dachsparren zuständig, sondern für Betonschalungsarbeiten und Ähnliches. Wer nicht ständig mit Bauen zu tun hat wie zumindest einige von den Bauherren, dem fällt auf, dass der Rohbau anders ist als früher: Er ist gewissermaßen roher. Es wird kein Holz mehr verbaut, es sind Beton, Eisen, Steine, harte, rauhe, kalte, schwer zu handhabende Materialien. Jeder einzelne Form-Kalksandstein muss mit dem mobilen Kran gehoben werden, habe ich gelernt. Viele Menschen möchte aber heute auch schon mit dem Rohen leben, das Rohe ist dann schon das Fertige und Endgültige. Es gibt Sichtbeton in den Treppenhäusern, die Treppe selbst ist im Rohbau schon fertig gegossen, manche Bauherren möchten in ihren Wohnzimmern Sichtbeton oder nur dünn verspachtelte, ziemlich rohe Wände, keine verhüllenden Tapeten mehr. Das heißt, vom Rohbauer wird das sehr Exakte und auch das Feine erwartet, die handschmeichelnde Oberfläche, der Rohbauer ist oft gleichzeitig schon der Ausbauer, es sind weniger Korrekturen möglich, weniger kann ausgebügelt werden.
Unsere Bauleiterin Birgit Knicker schwärmt so für die Rohheit des Baus und die glatten Betonoberflächen, sie möchte am liebsten gleich, auf jeden Fall als Erste, als Pionierin einziehen, der Rest des Ausbaus ist für sie eher zu vernachlässigen. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Ich habe zur Rohbaufrage um 1 Uhr nachts mit zwei Gläsern Rotwein intus einen hoch anspruchsvollen Vers geschmiedet, auf den ich schon jetzt weltweiten Urheberrechtsschutz erhebe:
„Ist der Rohbau roh UND fein,
wird der Bauherr glücklich sein.“

Das Rohe und das Feine hin und her – wie man am Ergebnis sieht, können wir uns auf die am Rohbau Beteiligten verlassen, sie haben eine verlässliche Basis für unser späteres Leben errichtet, einen Bau, der mit seinen 62 Tonnen Bewehrungsstahl, seinen 500 Kubikmetern Beton und 850 Quadratmetern Mauerwerk eine stabile und schützende Hülle für den verletzlichen und anspruchsvollen menschlichen Leib und seine Seele bildet.

Ich möchte nun als kleinen Dank die bisher an diesem Bau beteiligten Personen nennen, um ihre Arbeit zu würdigen und sie sozusagen aus der Baugrube und der Baustelle heraus ans Licht dieser Öffentlichkeit zu holen.
Ganz besonders freue ich mich, dass mit HTS Hoch-, Tief- und Straßenbau GmbH und Co. KG Schlieben eine Firma aus Brandenburg mit vielen dort ansässigen Bauleuten den Hauptanteil für dieses „Hauptstadtgebäude“ geleistet hat: Die Berliner verlassen sich also auf die soliden Brandenburger Bauleistungen. Schlieben liegt ca. 80 km südlich von Berlin. Ich nenne alle mir bekannt gewordenen Namen:

Wolfgang Winkel, Bauleiter
Georg Borch, Polier, Maurermeister
Olaf Lutz, Zimmermannsmeister
Hartmut Weinigel, zweiter Polier, Maurermeister
Werner Scholtka, Kranführer
Günther Freigang, Maruer
Günther Rettig, Maurer
Gorm Pratsch, Zimmermann
Uwe Matzke, Polier Tiefbau
Christian Nolle, Tiefbauer
Geschäftführer a. D. (bis 2009) Klaus Wäßnig
Geschäftsführer (seit 2010) Hendrik Globig, Schwiegersohn
Kalkulator, Udo Bergmann

Weitere fachlich Beteiligte und Engagierte:
Das Büro Anne Lampen Architekten: Anne Lampen (Entwurf) und York Arend (Ausführungsplanung), Beate Brosig (Unterstützung Ausführungsplanung) und Helmi Broens (Office).
Bauleitung: Birgit Knicker. Sie besonders hat bis heute verhindert, dass der Bau zu einer zweiten Elbphilharmonie wird, diesem Superdampfer, der noch vor dem Stapellauf aus dem Ruder läuft.
Beate Rössel, Brandschutzgutachterin
Gert Thieroff, Thomas Viereck, HHT Hörnicke Hock Thieroff Statiker
Matthias Neuhaus, Sanitär- und Heizungsinstallation
Sebastian Ziehe, Elektromeister mit Kollegen
Peter Voss und Christoph Derwanz (GüDe-Aufzugstechnik GmbH)
Astrid Sommerfeld G+B Ingenieurbüro für Grundbau und Bodenmechanik
Carsten Weitkemper, Prüfstatik, IFT
Steffen Tinus, Fenster Tischlerei Tinus GmbH

Außerdem danke ich der Finanzagentur Das Finanzkontor, vertreten durch Anne Wulf, für ihre Bemühungen um die Finanzierung.
Von den verschiedenen tätig gewesenen Notaren ist heute Axel Krause anwesend.

Zum Schluss auch ein Dank an die geduldigen Nachbarn, denen ich Hoffnung machen kann, dass der Lärmpegel nun mit der Ausbauphase abnehmen wird. Bis Jahresende ist hoffentlich alles überstanden.

Und nun: Wer gut arbeitet, soll auch gut essen. Der Richtschmaus ist eröffnet.

Thomas Böhm-Christl

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